"Datenreport Chemnitzer Stadtteile 2018" zeigt Trends der Stadt(-teil) entwicklung in Chemnitz in den vergangenen 10 Jahren

Der "Datenreport Chemnitzer Stadtteile 2018" beleuchtet – basierend auf verfügbaren Daten – die Entwicklung der 39 Chemnitzer Stadtteile seit 2007. Die Entwicklung der meisten Stadtteile – bis auf wenige Ausnahmen – wurde dabei maßgeblich durch gesamtstädtische Trends determiniert, die sich in folgenden 7 Kernaussagen zusammenfassen lassen:

1. Leichte Erhöhung der Bevölkerungszahl

Entgegen aller Bevölkerungsprognosen, die für Chemnitz einen deutlichen Rückgang an Einwohnern vorhergesagt hatten, wuchs die Bevölkerung von 2007 bis 2017 um ca. 2 % auf 247.400 Einwohner. Getragen wurde das Wachstum ausschließlich von Zuwanderung vor allem aus dem Ausland, während die Stadt weiterhin deutlich mehr Sterbefälle als Geburten verzeichnete.

 

2. Positive wirtschaftliche Entwicklung / Anstieg der Beschäftigung

Einhergehend mit deutlichen Steigerungsraten im Bereich des Bruttoinlandsproduktes von Chemnitz stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze auf dem Stadtgebiet von Chemnitz um 9 % auf ca. 115.000 (2007-2016). Die Zahl der beschäftigten Chemnitzer stieg um 13 % auf ca. 90.500. Eine Vielzahl von freien Stellen untermauert den wirtschaftlichen Aufschwung. Anzeichen eines Fachkräftemangelns in einigen Bereichen werden bereits sichtbar.

 

3. Verbesserung der sozialen Situation der Bevölkerung

Basierend auf guten Arbeitsmarktdaten sowie der demographisch bedingten Verringerung des Arbeitskräftepotenzials reduzierte sich die Zahl der Arbeitslosen in Chemnitz im Zeitraum 2007-16 von 17.500 um 45 % auf 9.700. Die Zahl der Leistungsempfänger nach SGB II / XII sank um 26 % von 35.500 auf 26.400; die Zahl der Bedarfsgemeinschaften verringerte sich um 30 %. 2016 lag der Arbeitslosenanteil bei ca. 7 % (2007: 11 %); 11 % der Chemnitzer bezogen existenzsichernde Leistungen (2007: 14 %).

 

4. Deutliche Zunahme der ausländischen Bevölkerung

Die Zahl der in Chemnitz lebenden Ausländer verdoppelte sich im Beobachtungszeitraum von 7.000 auf 16.900 – der Ausländeranteil in der Stadt lag Ende 2016 mit knapp 7 % jedoch weiterhin deutlich unter dem vergleichbarer Großstädte im Bundesgebiet.

 

5. Demographischer Wandel / Ausdifferenzierung der Altersstruktur

Infolge steigender Geburtenzahlen und Zuwanderung junger Menschen auf der einen, Alterung der geburtenstarken Nachkriegsgeneration auf der anderen Seite kam es zu Verschiebungen in der Alterspyramide. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen in der Stadt erhöhte sich von 12 % auf 14 % ebenso wie der Anteil der Senioren von 26 % auf 28 %. Ungeachtet der Verschiebungen in der Altersstruktur blieb das Durchschnittsalter der Chemnitzer konstant bei 47 Jahren. Aus der sich ändernden Bevölkerungsstruktur ergaben sich neue Herausforderungen, z. B. der Ausbau der Kinderbetreuungskapazitäten, eine veränderte Schulnetzplanung oder die Förderung spezieller Wohnformen im Alter. 

Entwicklung der Altersstruktur in Chemnitz 2007-2016
Entwicklung der Altersstruktur in Chemnitz 2007-2016

6. Reduzierung des Wohnungsleerstandes bei stabilen und günstigen Grundmieten

Punktuelle Rückbaumaßnahmen – vor allem in den Jahren 2007 bis 2009 – und steigende Haushaltszahlen führten zu einer Verringerung des gesamtstädtischen Wohnungsleerstandes. Infolge dessen erhöhten sich die Angebotsmieten jedoch nur geringfügig, sodass Chemnitz weiterhin eine der günstigsten Großstädte bezüglich des Mietniveaus bleibt. Die Zahl der verfügbaren und zugleich bewohnbaren freien Wohnungen liegt bei ca. 133.000 Haushalten und ca. 157.000 Wohnungen im unteren fünfstelligen Bereich, sodass bundesweit sichtbare Trends – wie die starke Steigerung der Angebotsmieten, die Verknappung des Wohnraums in der Kernstadt oder Phänomene wie Gentrifizierung – in Chemnitz nicht zu beobachten waren. Nettokaltmieten von durchschnittlich ca. 5,- Euro/m² sorgten in Chemnitz in den Jahren 2007-2016 für günstiges Wohnen und sicherten zugleich in Verbindung mit den kommunalen Wohnungsbeständen der GGG die soziale Wohnraumversorgung ab.



Angebotsmieten in Chemnitzer Stadtteilen 2017
Angebotsmieten in Chemnitzer Stadtteilen 2017

7. Kleinräumige Entwicklungen: Urbanisierung und Verjüngung der Kernstadt bei gleichzeitiger Schrumpfung und Alterung der Ränder

Einhergehend mit einem überall in ostdeutschen Großstädten sichtbaren Re-Urbanisierungstrend erhöhte sich die Zahl der in kernstädtischen Stadtteilen lebenden Chemnitzer deutlich, während die Zahl der Bewohner in den ländlich gelegenen Stadtteilen minimal zurückging. Vor allem junge sowie zugewanderte Menschen präferieren innerstädtische Stadtteile aufgrund großer Mietwohnungsauswahl, vielfältigen Möglichkeiten, infrastrukturellen Anbindungen sowie der gründerzeitlichen Bausubstanz.

Entsprechend erhöhte sich die Zahl der im urbanen Kern (Zentrum + angrenzende Stadtteile Schloßchemnitz, Kaßberg, Sonnenberg, Lutherviertel, Hilbersdorf, Bernsdorf, Kapellenberg) wohnenden Chemnitzer seit 2007 um 9 % auf mehr als 92.000. Sieben der acht genannten Stadtteile wuchsen; am stärksten das Zentrum mit +21 %. Der schleichende, aber kontinuierliche Prozess der „Re-Urbanisierung“ in Chemnitz gewann dabei in Jahren 2014 bis 2016 an zusätzlicher Dynamik. Das Fritz-Heckert-Gebiet als größtes Plattenbaugebiet der Stadt verlor 5 % seiner Bevölkerung. Hier fanden auch die meisten Rückbaumaßnahmen statt.

Der Altersdurchschnitt liegt in der Kernstadt deutlich unter den ländlichen Stadtteilen. Dort reduzierte sich die Bevölkerung minimal, das Durchschnittsalter stieg leicht an. Wie in allen Großstädten sind die Indikatoren und Statistiken, die auf soziale Problemlagen hinweisen, in der Kernstadt jedoch deutlich höher.

 

Differenzierte Entwicklung in den Stadtteilen

Kleinräumig betrachtet unterteilt sich das Stadtgebiet von Chemnitz in 39 Stadtteile. Die dargestellte Entwicklung der Gesamtstadt im Zeitraum 2007-2016 hat sich in den einzelnen Stadtteilen nicht immer deckungsgleich entwickelt. Bei einigen Variablen sind im kleinräumigen Kontext teilweise deutliche Abweichungen von städtischen Durchschnittswerten zu beobachten gewesen, z. B. bei der Bevölkerungsentwicklung, während sich wiederum andere Variablen in allen Stadtteilen nahezu überall vergleichbar entwickelten, z. B. Rückgang des Anteils von Empfängern existenzsichernder Leistungen. Generell lässt sich attestieren, dass die Bevölkerungsentwicklung – als Zusammenspiel aus Geburten und Sterbefällen sowie Zu- und Fortzügen – die Alters- und Haushaltsstrukturen im Gebiet beeinflusst. Die soziale Situation wiederum korrespondiert mit den Bau- und Wohnstrukturen im Gebiet. Dennoch konnten bei ähnlichen Stadtteil-Typen auch vergleichbare Entwicklungen festgestellt werden.

 

Bevölkerungsentwicklung

Auf dem Feld der Bevölkerungsentwicklung sind in den Stadtteilen im Beobachtungszeitraum 2007-2016 drei Trends sichtbar gewesen:

  • starkes bis überdurchschnittliches Bevölkerungswachstum in den innerstätischen Stadtteilen - am deutlichsten im Zentrum, Bernsdorf, Lutherviertel, Kaßberg, Schloßchemnitz, Sonnenberg.
  • minimale Schrumpfung in den ländlich-suburbanen Stadtteilen an den Rändern der Stadt
  • größere Bevölkerungsrückgänge der überwiegend mit Plattenbaustrukturen versehenen Stadtteilen (ehem. Fritz-Heckert-Gebiet, Yorckgebiet, Gablenz)
Bevölkerungsentwicklung in den Chemnitzer Stadtteilen 2007-2017
Bevölkerungsentwicklung in den Chemnitzer Stadtteilen 2007-2017

Wanderungsbewegungen

Vor allem das unterschiedliche Ausmaß der Zuwanderung von außerhalb von Chemnitz in die Stadtteile kann als Ursache für die differierende Bevölkerungsentwicklung genannt werden: stark positive Wanderungssalden im Zeitraum 2007-2016 verbuchten innerstädtische Stadtteile (z. B. Zentrum, Lutherviertel, Kaßberg). Aber auch Ebersdorf, Hilbersdorf, Sonnenberg gewannen viele Einwohner durch die Außenwanderung. Wachstumsquelle Nr. 1 war hierbei der Zuzug ausländischer Bevölkerung. Der Ausländeranteil v.a. im Zentrum und Bernsdorf und auf dem Sonnenberg erhöhte sich deutlich. Vor allem innerstädtische, gründerzeitlich geprägte Gebiete konnten von hohem Zuzug profitieren. In den Rand-Gebieten der Stadt ist das Wanderungsgeschehen weitaus weniger ausgeprägt. Die ländlich-suburbanen Stadtteile konnten zwar durch innerstädtische Wanderungsbewegungen Bevölkerung gewinnen, verloren aber durch Sterbeüberschuss und negatives Außenwanderungssaldo dennoch in Summe an Bevölkerung. Die Ausländeranteile in diesen Gebieten stiegen nur minimal und liegen teilweise nur bei 1 bis 2 % (Gesamtstadt 7 % Ende 2016).

 

Altersstruktur

Einhergehend mit den Bevölkerungsentwicklungen änderten sich in den Stadtteilen die Altersstrukturen. Innerstädtische Stadtteile mit viel Zuzug verjüngten sich, in Zentrum bspw. reduzierte sich das Durchschnittsalter der Bevölkerung um drei Jahre. Der Sonnenberg und das Lutherviertel bleiben mit einem Durchschnittsalter von ca. 40 Jahren die jüngsten der 39 Stadtteile. Auf der anderen Seite weisen die Stadtteile des Fritz-Heckert-Gebiets sowie das Yorckgebiet und Gablenz Durchschnittsalter jenseits der 50 Jahres-Grenze auf. Diese Gebiete verloren aufgrund der Altersstruktur weite Teile ihrer Bevölkerung durch einen Sterbeüberschuss, d. h. den wenigen Geburten standen viele Todesfälle gegenüber.

 

Soziale Entwicklung / Beschäftigung

Auf dem Feld der Sozialdaten ist eine deutliche Trennung der Stadt Chemnitz in verdichtete, innerstädtische bzw. Plattenbaustrukturen (hohe Mieteranteile) auf der einen sowie ländlich geprägte Strukturen (hohe Eigenheimanteile) auf der anderen Seite zu erkennen. An den Rändern der Stadt sind die Familienstrukturen konsolidierter, die Haushalte im Schnitt größer, die Einkommen höher als im kernstädtischen Bereich, in dem der Anteil der Risikogruppen für Armut weitaus größer ist. Entsprechend stark schwanken die Werte in den Stadtteilen. Höchste Anteile für Arbeitslosigkeit sind auf dem Sonnenberg (13 %) und im Fritz-Heckert-Gebiet; 10 % zu verzeichnen, während Stadtteile in den ländlichen SEKo-Gebieten teilweise unter 2 % liegen. 23 % der Haushalte auf dem Sonnenberg beziehen SGB II / XII-Leistungen, in Euba, Adelsberg dagegen gelten nur zwischen 1 % und 2 % der Haushalte als sog. Bedarfsgemeinschaften im Sinne des Sozialgesetzbuchs. Die in allen Städten vorhandene soziale Segregation wird anhand dieser Daten eindrucksvoll belegt. Umso erfreulicher ist es, dass – analog zur gesamtstädtischen Entwicklung – in allen 39 Stadtteilen die Arbeitslosigkeit und der Bezug von SGB- II / XII-Leistungen seit 2007 deutlich rückläufig waren.

 

Anteil Leistungsempfänger nach SGB II / XII in den Chemnitzer Stadtteilen 2017
Anteil Leistungsempfänger nach SGB II / XII in den Chemnitzer Stadtteilen 2017

Eine Ursache für den Rückgang der Arbeitslosigkeit war der deutliche Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung der Bewohner. Stadtweit wuchs diese um 13 %, in innerstädtischen Teilgebieten teilweise um mehr als ein Drittel (z. B.  auf dem Sonnenberg betrug das Plus 29 %). Rückläufige Beschäftigungszahlen waren in den Stadtteilen des Fritz-Heckert-Gebiets zu verzeichnen (-10 %). In den Randgebieten von Chemnitz legte die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Vergleich zur Gesamtstadt nur unterdurchschnittlich zu, teilweise ging sie sogar zurück.

 

Sämtliche Stadtteil-Daten für alle 39 Stadtteile von Chemnitz sind im "Datenreport Chemnitzer Stadtteile 2018" aufbereitet.

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