Digitale Transformation in der Wohnungswirtschaft

Mit fortschreitendem Siegeszug der digitalen Kommunikationen wird sich jedoch das Mieter-Vermieter-Verhältnis in den kommenden Generationen ändern. Die dabei entstehenden neuartigen Informations- und Nutzungsangebote (wiederum möglich gemacht durch digitale Technologien) können Basis für neue Geschäftsmodelle auch in der Wohnungswirtschaft sein. An der digitalen Schnittstelle zwischen Vermieter und Mieter können sich neue Möglichkeiten  entwickeln, die sich womöglich in Zukunft monetarisieren lassen (z. B. der Verkauf bzw. die Vermittlung von Serviceleistungen aus den Bereichen Gesundheit und Pflege oder  haushaltsnahen Dienstleistungen über den Webseite der Wohnungsgesellschaft).

Die Studie „Digitale Transformation in der Wohnungswirtschaft“ hat die 113 Akteure von Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften selbst in den Mittelpunkt der Forschung gestellt und diese nach deren Wahrnehmung und Bewertung des Themas „digitale Transformation“ befragt. Die Studie stellte acht Leitfragen, die mit Hilfe einer quantitativen Forschungsmethodik ermittelt werden sollten. Die Kernergebnisse der FOG-Studie "Digitale Transformation in der Wohnungswirtschaft" lassen sich wie folgt zusammenfassen:

 

1. Grundwahrnehmung der digitalen Transformationen


Das Thema „Digitale Transformation“ ist in der Wohnungswirtschaft angekommen: 92 % der Befragten stimmen darüber überein, dass die Digitalisierung der Wohnungswirtschaft zwingend notwendig ist, um auf dem Wohnungsmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben. Aber: 86 % der Akteure urteilen, dass sich das Geschäftsmodell nicht grundlegend verändern wird. Die Vermietung und Verwaltung von Wohnraum (mit all den notwendigen Arbeitsprozessen) bleibt der Kern der Wohnungswirtschaft. Immerhin 16 % der Befragten sind gegenteiliger Meinung: Sie behaupten, dass die Digitalisierung das Geschäftsmodell grundlegend verändert. Die Hälfte der Befragten ist gar der Meinung, dass die Digitalisierung innerhalb der Wohnungswirtschaft die Unternehmenskultur verändert.

 

2. Einsatz digitaler Prozesse und Technologien in den Wohnungsunternehmen


Die Digitalisierung hat in allen Funktionsbereichen der Wohnungsunternehmen Einzug gehalten. Sie spielt eine wichtige bzw. sehr wichtige Rolle in der Buchhaltung (86 %), Geschäftsführung / Vorstand / Stabsstellen (84 %), Vermietung (84 %), Marketing/Vertrieb (83 %), Controlling (81 %), Wohnservice / Mieterbetreuung (78 %), Instandhaltung / Auftragswesen mit Dienstleistern (75 %). Die größte Bedeutung aber wird der Digitalisierung aktuell in den Bereichen Marketing/Vertrieb und Vermietung zugemessen. Hier spielen digitale Prozesse und Technologien für knapp jeden zweiten Akteur eine herausragende Rolle („sehr wichtige Rolle“). Die Akteure verbinden hiermit vor allem die digitale Kommunikation mit den Mietern bzw. Mietinteressenten über die diversen Internet-Kanäle (eigene Webseite, sozialen Medien, Online-Vertriebsplattformen).

 

3. Einsatz digitaler Kommunikationsprozesse mit den Mietern/Mietinteressenten


(Fast) alle Wohnungsunternehmen betreiben eigene Webseiten, die unterschiedliche Komplexitätsgrade aufweisen. Angefangen von einfachen Internet-Präsenzen, die allgemeine Informationen über die Wohnungsgesellschaft und freie Wohnungen auflisten, bis hin zu hochspezialisierten, technisch anspruchsvollen Web-Projekten (z. B. 3D-Panorama der Wohnumgebung) inkl. der relevanten Anbindung in die eigenen Systeme haben sich die Webseiten der Wohnungsunternehmen in den letzten Jahren stark ausdifferenziert. Tatsächlich existieren aber auch heute noch Wohnungsunternehmen ohne eigene Webseite. Social Media-Kanäle werden aktuell nur in Ansätzen zum Einsatz gebracht. Facebook ist mit hier mit 27 % Spitzenreiter. Die Nutzungszahlen der anderen Anbieter sind minimal: Youtube, Twitter, Instagram werden von nicht einmal jedem 10. Unternehmen eingesetzt. Apps und Blogs spielen de facto bislang keine Rolle, obwohl auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Dennoch gaben einige Unternehmen an, ihre Social Media-Aktivitäten ausbauen zu wollen. Die Antworten bündelten sich bei Facebook, einige wenige nannten auch Youtube und Twitter.

Die drei bekannten Immobilienplattformen Immobilienscout, Immowelt und Immonet werden neben der eigenen Webseite am häufigsten von den Wohnungsunternehmen eingesetzt. Immobilienscout erweist sich hierbei als Marktführer und wird von 65 % aller befragten Unternehmen verwendet. Insgesamt sind 85 % der befragten Wohnungsunternehmen auf mindestens einem der drei großen Immobilienplattformen unterwegs.

 

4. Einsatz digitaler Service-Angebote im Mieter-Vermieter-Kontext


Bestimmte Services gehören digital mehr oder weniger zum Standard, während andere nur in äußerst seltenen Fällen über die Webseite/App der Wohnungsgesellschaft/-genossenschaft in Anspruch genommen bzw. gebucht werden kann: allgemeine Anfragen und  Reparaturmeldungen sind in vier von fünf Wohnungsunternehmen digital durchführbar (zumeist über entsprechende Kontakt- und Reparaturformulare). Terminvereinbarungen und Änderungsmeldungen gehören in jedem zweiten Wohnungsunternehmen zu den digitalen Angebotsmöglichkeiten. Alle weiteren Elemente wie die „digitale Wohnungsübergabe“, die Buchung bestimmter Concierge-Leistungen, die Buchung von Putz-Services oder Car-Sharing sind nur in seltensten Fällen über die Webseite der Wohnungsunternehmen möglich - hierbei muss zuallererst ehrlicherweise die Frage gestellt werden, ob diese Serviceleistungen aktuell überhaupt im Angebot der Wohnungsunternehmen sind.

Im Zuge des geplanten Ausbaus von digitalen Serviceangeboten wurden vor allem sog. Mieterportale genannt. Das kann bei der Digitalisierung bestimmter Formulare beginnen und bestenfalls bei einem groß angelegten Portal enden, das direkt mit dem ERP-System des Wohnungsunternehmens gekoppelt ist und ein umfassendes digitales Kundenbeziehungsmanagement ermöglicht.

 

5. Einsatz von Smart-Home-Technologien in den Wohnungen und Wohngebäuden


Das Thema „Smart Home“ hat in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen, da die Vernetzungsmöglichkeiten von Haustechnik und -geräten immer weiter zugenommen hat. In weiten Teilen (71 %) aber setzen die befragten Wohnungsunternehmen aktuell keine Smart-Home-Technologien ein. In immerhin einem knappen Drittel finden Smart-Home-Technologien bereits Anwendung: Am beliebtesten ist nach Einschätzung der Akteure aktuell der Einsatz von sicherheitsrelevanten Techniken, gefolgt von energieverbrauchsrelevanten Smart-Metering-Technologien und von Hausautomations-Techniken. Viele Befragte gaben aber explizit an, dass es sich beim Einsatz nur um „Anfänge“, „Ansätze“ oder „Pilotversuche“ handeln würde.

 

6. Überlegungen in Richtung digitales Geschäftsmodell


Knapp drei Viertel (72 %) der befragten Wohnungsunternehmen haben sich schon einmal unternehmensintern mit der Frage beschäftigt, wie ein „digitales Geschäftsmodell (über das Kerngeschäft hinaus)“ aussehen könnte und wie an der digitalen Schnittstelle zwischen Vermieter und Mieter Möglichkeiten  entstehen könnten, die sich monetarisieren lassen (z. B. Gesundheits-, Pflege- oder haushaltsnahe Dienstleistungen, die der Mieter über die Wohnungsgesellschaft buchen/beauftragen kann.)

Aktuell dominieren aber Zweifel, ob die Mieter bereit wären, dafür entsprechend Geld zu bezahlen. 63 % der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass es für Mieter zurzeit nicht interessant wäre, Teile der angesprochenen Leistungen über die Wohnungsgesellschaft einzukaufen. Als Gründe gegen weitere digitale Geschäftsmodellüberlegungen nannten die befragten Akteure:  1. Die Fokussierung auf Kerngeschäft, 2.  Zweifel an der Zahlungswilligkeit der Mieter und 3. eine (aktuell) geringe bzw. keine Nachfrage nach Online-Buchung genannt.

 

7. Existenz einer digitalen Grundstrategie


Digitalisierung ist zu einem „Managementthema“ geworden, das schon lange nicht mehr ausschließlich von IT-Fachleuten bearbeitet wird. In drei von vier befragten Unternehmen kümmert sich allein der Vorstand bzw. die Geschäftsführung um das Thema, während in den verbliebenen Unternehmen MEHRERE Führungskräfte zusammen die Digitalisierungsbestrebungen betreuen.

Nahezu jedes dritte Unternehmen gab an, über eine digitale Gesamtstrategie zu verfügen. Diese klärt, wie perspektivisch digitale Technologien das Geschäftsfeld Wohnraumvermietung- und verwaltung effizient unterstützen (und in ausgewählten Bereichen eventuell sogar das Kerngeschäft erweitern) können. In den  meisten Fällen aber existieren lediglich Teilstrategien, so vor allem im Bereich „Vermarktung-Vertrieb“, wo ein zielgerichtetes Zusammenspiel aus Webseite und Immobilienplattformen die Vermarktung von freien Wohnungen steuert.

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